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Neujahrsvorsätze und wie wir sie wirklich umsetzen

New Years Resolution, Neujahrsvorsätze

Auch wenn der Jahresübergang heuer etwas anders verlaufen ist als wir das bisher gewohnt waren, gibt es Dinge, die auch trotz Corona gleich bleiben: Die Idee der Neujahrsvorsätze beispielsweise. Doch woher kommt der Brauch, sich jedes Jahr aufs Neue meist zwischen Weihnachten und Neujahr gute Vorsätze zu überlegen? 

 

Hierzu müssen wir tief in die Geschichtsbücher eintauchen und werden fündig bei den Römern. Die höchsten Beamten Roms bekräftigten nämlich laut Überlieferung stets am ersten Tag des neuen Jahres in einer Resolution ihre Loyalität gegenüber der Republik und legten hierfür einen Eid vor dem Kaiser ab. Das wurde mit einer großen Zeremonie gefeiert, die jährlich wiederholt wurde und dazu diente, das Band zwischen den Bürgern, dem Staat und den Göttern zu erneuern. Einer der wichtigsten Götter hierfür war Janus, der Gott des Neubeginns und der Gott der zwei Gesichter: eines mit Blick auf die Vergangenheit und eines mit Blick in die Zukunft (der Name findet sich übrigens auch im Namen des Monats Januar wieder). Um es dem Gott Janus gleich zu tun, dachten also viele Menschen an diesem Tag über das vergangene Jahr nach und nahmen sich für das neue Jahr etwas vor. Und genau diese Idee der Vorsätze für das neue Jahr ist bis heute in ihren Grundzügen geblieben.

 

Vorsätze zu fassen ist allerdings nur die halbe Miete, denn entscheidend ist letztlich die Umsetzung. Doch genau hier liegt häufig die Krux begraben. Studien zufolge werden nämlich lediglich 30% der gefassten Vorsätze auch tatsächlich umgesetzt bzw. erreicht. Folgende Erklärungsansätze gibt es hierfür:

  1. Unser Gehirn ist zum Teil verantwortlich
    Eine sehr interessante Erklärung liefert ein Experiment des Neuromarketing-Professors Baba Shiv an der Stanford Universität in Kalifornien. Er teilte hierfür mehrere Dutzend Studenten in zwei Gruppen ein, wobei die eine sich eine zweistellige Zahl merken musste, während die andere sich eine siebenstellige Zahl merken musste. Danach wurden den Studenten zwei Snacks zur Auswahl angeboten: ein Stück Schokoladentorte oder ein Schälchen Obstsalat. Was glauben Sie, ist passiert? Richtig! Die Studenten, die sich die siebenstellige Zahl merken sollten, griffen mit nahezu zweifach höherer Wahrscheinlichkeit zur Schokoladentorte als die Versuchspersonen mit der zweistelligen Zahl.

    Doch was hat das Ganze nun mit unseren Neujahrsvorsätzen zu tun? Um diese Frage zu beantworten, ist es zunächst wichtig zu wissen, dass wir für die Umsetzung eines Vorsatzes Willensstärke benötigen, die in unserem Gehirn im so genannten präfrontalen Kortex angesiedelt ist. Diese Gehirnregion ist aber nicht nur für die Willensstärke allein zuständig, sondern auch beteiligt am Kurzzeitgedächtnis, an der Fähigkeit sich auf etwas zu fokussieren, und an der Lösung abstrakter Probleme. Der präfrontale Kortex ist also ziemlich beschäftigt. Das Experiment zeigt demnach, dass der präfrontale Kortex mit dem Merken der siebenstelligen Zahl so ausgelastet war, dass er die Willenskraft nicht mehr bzw. nur noch eingeschränkt aufbringen konnte, den gesunden dem ungesunden, kalorienreichen Nachtisch vorzuziehen. Sind wir also gestresst oder mit anderen schwierigen Themen beschäftigt, leidet unsere Willenskraft und das Scheitern unseres Vorsatzes ist wahrscheinlicher.
  2. Vorsätze sind häufig keine Ziele
    Vorsätze wie "Ich möchte mich gesünder ernähren" oder "Ich möchte mehr Sport treiben" sind zu ungenau formuliert. Was heißt "gesund ernähren" oder "mehr Sport treiben"? 
  3. Vorsätze sind oft "nur" Rituale
    Viele Menschen machen sich vorher keine Gedanken darüber, welche Folgen ein Lebenswandel hat, den Vorsätze häufig mit sich bringen und was sie unternehmen, wenn Schwierigkeiten auftauchen. Viele Menschen fühlen sich daher am Ende des Jahres zwar irgendwie verpflichtet, einen Vorsatz zu fassen, stehen aber nicht dahinter. Das Scheitern ist damit vorprogrammiert. 
  4. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier
    «Unser Gehirn ist auf Gewohnheitsbildung trainiert», sagt der Berliner Psychoanalytiker Hans-Werner Rückert. Folglich bedarf es einer gewissen Anstrengung, wer den alltäglichen Trott durchbrechen will. 

Es ist also nicht verwunderlich, dass die ersten ihre Pläne nach nur drei Wochen wieder aufgeben und nach einem halben Jahr nur noch die Hälfte dabei ist. Gute Vorsätze nicht durchzuhalten, ist also sehr menschlich! Doch es gibt gute Ideen, die die Chancen erhöhen, durchzuhalten:

 

Nehmen Sie sich einen Vorsatz vor - nicht mehrere

Wenn das Gehirn schon von ein paar Ziffern überfordert ist, wie viel mehr wird es überfordert sein, wenn Sie sich mehrere Projekte gleichzeitig vornehmen. Daher gilt: Fassen Sie einen Vorsatz! Dann ist die Chance wesentlich größer, auch tatsächlich dran zu bleiben.

 

Trainieren Sie Ihre Willenskraft

Willenskraft ist vergleichbar mit der Muskelkraft, erläutert der amerikanische Sozialpsychologe Roy Baumeister ("Die Macht der Disziplin). Wird der Muskel nicht mehr oder selten beansprucht, erschlafft er und die Muskelkraft nimmt ab. Trainieren wir den Muskel hingegen, wird er stärker. Kelly McGonigal, amerikanische Psychologin und Autorin, gibt für das Training folgende Tipps: 

  • Verbessern Sie Ihren Schlaf, denn ausgeruht ist die Erinnerungsfähigkeit unseres Gehirn ausgeprägter
  • Seien Sie milde mit sich und belohnen Sie sich fürs Durchhalten
  • Rechnen Sie mit Misserfolgen und akzeptieren Sie diese
  • Lernen Sie einen toleranten Umgang mit Ihren Emotionen, vor allem mit den "negativen"

Formulieren Sie den Vorsatz als Ziel

  • Konkretisieren Sie Ihren Vorsatz so weit wie möglich.
    Beispiel: "Ich werde ab nächster Woche jeden Montag, Mittwoch und Freitag vegetarisch kochen." oder "Ich werde ab nächster Woche Mittwoch und Samstag die Woche für 30 Minuten joggen gehen."
  • Achten Sie darauf, dass Ihr Ziel motivierend formuliert ist.
    Anstatt zu sagen "Ich möchte weniger von XY", fragen Sie sich stattdessen lieber, von was Sie mehr möchten?
  • Notieren Sie sich die Strategien, wie Sie Ihren Vorsatz erreichen wollen, mit einem Stift auf ein Blatt Papier. «Es ist neurologisch erwiesen, dass das Gehirn mehr Areale aktiviert, wenn man mit der Hand schreibt als wenn man tippt», sagt der Berliner Psychoanalytiker Hans-Werner Rückert. 

Seien Sie realistisch und bleiben Sie flexibel

  • Achten Sie darauf, dass Ihr Ziel für Sie realistisch umsetzbar ist, gemäß dem Motto "weniger ist mehr". Lieber 10 Minuten anstatt 1 Stunde joggen.
  • Überlegen Sie sich, was oder wer Sie von Ihrem Vorsatz abhalten könnte. Und legen Sie fest, wie Sie auf diese Hindernisse reagieren werden.
  • Bleiben Sie trotz Plan flexibel, denn so steigern Sie die Aussicht auf Erfolg. Wenn es zum Beispiel zu stark geschneit hat, um zu joggen, gehen Sie alternativ spazieren. Ohne Flexibilität macht uns sonst der innere Schweinehund einen Strich durch die Rechnung.

Für alle, die noch unsicher sind, welchen Vorsatz sie in 2021 verfolgen möchten, habe ich hier noch eine schöne Idee aus Belgien gefunden. Dort gibt es nämlich die Aktion "30 dagen zonder klagen", was übersetzt so viel heißt wie "30 Tage ohne Jammern". Mit Blick auf die obigen Tipps könnte daraus zum Beispiel folgender Vorsatz bzw. Ziel formuliert werden: "Ich werde mir 30 Tage lang jeden Abend einen positiven Aspekt des Tages notieren." Gerade in der jetzigen Zeit, in der die Nachrichten voll sind mit Unmut und Meckereien, eine schöne Gegenbewegung, wie ich finde! Ich bin auf jeden Fall dabei! Und Sie?

 

In diesem Sinne, ein Prosit auf unser aller guten Vorsätze!

 

Ihre

Barbara Ries 

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