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Wenn uns das Denken in die Quere kommt

"Ich denke, also bin ich" hat einst der französische Philosoph René Descartes gesagt. Und ja, Denken, Urteilen, Abwägen und Co. sind wunderbare Fähigkeiten. Und genau diese kognitiven Fähigkeiten unterscheiden uns auch von anderen Lebewesen. Sie ermöglichen es uns, unser Leben bewusst zu lenken und unsere Umwelt zu erkennen und einzuschätzen. 

 

Bis zu 70.000 Gedanken pro Tag denken wir Menschen. Eine irre Leistung! Kein Wunder also, dass sich unser Kopf dann manchmal ganz schön voll und schwer anfühlt. Erschwerend kommt hinzu, dass unsere Gedanken oft negativ geprägt sind und ihre Stimme noch dazu sehr viel lauter ist als alles andere. So laut, dass wir uns selbst in einer Gedankenspirale wiederfinden. 

 

"Barbara, Du denkst einfach zu viel!" Ein Satz, den ich schon sehr häufig gesagt bekommen habe...denn ich habe ein Schwäche fürs Gedankenkarussell fahren. Vor allem kurz vorm Einschlafen oder beim Aufwachen in der Nacht. Da dauert es nicht lange und zack...es geht wieder los und Aussteigen ist da eine echte Anstrengung. Noch dazu sind die nächtlichen Gedanken noch viel lauter als die am Tag gedachten. Was also tun?

 

Um effektive Strategien gegen das "Zer-Denken" entwickeln zu können, müssen wir zunächst verstehen, wie solche Gedanken-Karussellfahrten zu Stande kommen. Gedanken sind letztlich nichts anderes als ein Abbild unserer vergangenen Erfahrungen, die wir mit bestimmten Gefühlen verbinden. Und aus denen stricken wir uns im Laufe der Zeit ein stabiles Gedankenmuster, welches dann in bestimmten Situationen automatisch abgerufen wird...meist, wenn die Welt um uns herum ruhiger wird. Letztlich sind also nicht die Gedanken "schuld", sondern welche Macht und damit welche Bedeutung wir ihnen geben. Und genau hier liegt für mich der Schlüssel!

 

1) Die Gedanken sind frei, heißt es im Volksmund. Nehmen Sie den Satz beim Wort und lassen Sie Ihre Gedanken einfach laufen. Bewerten Sie sie nicht, sondern nehmen Sie sie einfach hin. Denn je mehr wir auf einen Gedanken reagieren, desto mehr fokussieren wir uns auf diesen einen Gedanken und desto mehr Energie verlieren wir. Das ist wie wenn Sie auf ein Hindernis zufahren und dieses anstarren...ich garantiere Ihnen, Sie werden dagegen fahren. Nehmen Sie das Hindernis hingegen wahr und lenken Sie dann Ihren Blick neben das Hindernis, ist das Hindernis zwar noch da, aber Sie konzentrieren sich auf das Umfahren. 

 

2) Riskieren Sie einen Blick hinter die Kulissen: Welche Gefühle verbergen sich hinter den Gedanken. Wenn mir die Präsentation beim Chef nicht aus dem Kopf geht und ich die Folien immer wieder durchgehe, dann heißt das vielleicht, dass ich für das Thema brenne oder mir die Anerkennung meines Chefs wichtig ist. Gefühle sind die Erklärung. Sie warnen und motivieren uns und nur durch unsere Gefühle verstehen wir, was wir erleben. Es sollte daher wohl besser auch Gefühlskarussell und nicht Gedankenkarussell heißen. :)

 

3) Abschalten lernen: Manche Menschen machen Yoga oder gehen laufen, lesen ein Buch oder starren Luftlöcher. Egal, für was Sie sich entscheiden. Suchen Sie sich einen Ausgleich in Ihrem Alltag. Und ganz wichtig: Sprechen Sie über das, was Sie beschäftigt. Es ist ähnlich wie in der Wissensvermittlung. Wenn ich etwas in Worte fassen kann, habe ich es meist schon verstanden bzw. gelöst. 

 

"Herz über Kopf" heißt ein Lied von Jories. Ach, wie recht er hat!

Das bestätigt sogar die Medizin: Jüngste Studien haben nämlich gezeigt, dass unser Herz wie ein eigenes kleines Gehirn funktioniert, das aus ca. 40.000 Nervenzellen besteht und unabhängig vom Kopf wahrnehmen und Veränderungen intuitiv  erspüren kann. Und zwar wesentlich schneller als unser Kopf.

 

Geben wir dem Herzen also die Beachtung, die es verdient und lassen wir die Gedanken so wie sie sind...sie können ja schließlich nichts dafür!

 

Vielleicht hatte Descartes sich geirrt und es sollte eigentlich "Ich fühle, also bin ich!" heißen...fände ich tatsächlich passender. 

 

In diesem Sinne, 

 

Ihre Barbara Ries

 

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Comments: 1
  • #1

    Markus (Wednesday, 14 July 2021 19:08)

    Sehr treffend. Danke für diese guten Gedanken.