Wie uns Glaubenssätze prägen

Glaubenssätze sind tief verankerte Annahmen über uns selbst (Wer bin ich?) und die Welt um uns herum und können auf uns sowohl negativ als auch positiv wirken.

 

Typische positive Glaubenssätze wären beispielsweise: 

  • "Andere kochen auch nur mit Wasser"
  • "Das Leben ist ein Auf und Ab, das ist normal"
  • "Ich bin gut, so wie ich bin"

Solche Sätze können uns als Motivationsspritze dienen und uns helfen das ein oder andere schwierige Tal im Leben gut zu durchschreiten. 

 

Negative Glaubenssätze hingegen erschweren uns das Leben meist noch weiter: 

  • "Stell Dich nicht so an, ein Indiander kennt keinen Schmerz"
  • "Erst die Arbeit, dann das Vergnügen"
  • "Ich muss alles perfekt machen, um anerkannt zu werden"

Meist werden solche Sätze geprägt durch die Erziehung in unserer Kindheit. So übernehmen wir diese von uns wichtigen Bezugspersonen (Eltern, Großeltern, Kindergartenpersonal etc). Neben der Erziehung spielt zusätzlich auch das Umfeld und die Gellschaft eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von Glaubenssätzen. Hören Kinder beispielsweise in der Schule Sätze wie "Mathe ist nichts für Mädchen", "Du hast kein Rhythmusgefühl" oder "Du wirfst wie ein Mädchen" können diese stark prägend sein und auch Jahre später noch weitreichende Auswirkungen haben. 

 

Was also tun? Folgende Schritte können Ihnen helfen, Ihre negativen Glaubenssätze aufzulösen: 

 

1) Glaubenssätze erkennen

Entscheidend ist letztlich bei allen Glaubenssätzen, dass wir sie zunächst unbewusst übernehmen. Bevor wir sie also verändern können, müssen wir sie uns zunächst bewusst machen und reflektieren, wo diese herkommen. Lassen Sie also am besten verschiedene Situationen Revue passieren, in denen es Ihnen nicht gut ging und fragen Sie sich: Wie ging es mir dabei? Welche Emotionen habe ich wahrgenommen? 

Notieren Sie sich Ihre persönliche Glaubenssatz-Rangfolge und ergänzen Sie diese bei Bedarf. 

 

2) Glauben ist nicht Wissen

Wenn wir (an) etwas glauben, denken wir oft, es wäre tatsächlich wahr und hinterfragen dies nicht weiter. Doch genau das sollten Sie tun!

  • Wie kommen ich darauf, dass der Satz stimmt? Entspricht der Gedanke wirklich den Tatsachen? Welche Beweise und Gegenbeweise habe ich dafür?
  • Unterstützt mich der Glaubenssatz dabei mich besser zu fühlen? Oder bewirkt er genau das Gegenteil?

3) Texten Sie Ihre Glaubenssätze um

Wenn wir einmal damit angefangen haben uns mit Glaubenssätzen zu beschäftigen, fallen sie uns auch immer stärker auf. Nutzen Sie dieses psychologische Phänomen für sich, nehmen Sie sich Ihre Liste zur Hand und überlegen Sie sich alternative Glaubenssätze. Anstatt "Ich muss alles alleine schaffen" kann der Satz angepasst auch heißen "Ich möchte gerne Dinge alleine schaffen, darf aber auch um Hilfe bitten". 

 

4) Probieren Sie die neuen Sätze aus

Es braucht eine gewisse Zeit bis sich neue Gedanken im Gehirn verfestigen. Helfen können Ihnen hierbei neue Erfahrungswerte. Wenn wir in dem obigen Beispiel-Glaubenssatz "Ich muss alles alleine schaffen" bleiben, versuchen Sie doch das nächste Mal über Ihren eigenen Schatten zu springen und nach Hilfe zu fragen. Und dann schauen Sie, was passiert. Wie geht es Ihnen dabei? Wie leicht oder schwer ist es Ihnen gefallen? 

 

Glaubenssätze sind wie viel befahrene Straßen. Wir sind sie gewohnt und es läuft und fährt sich darauf auch an und für sich ganz prima. Verlassen wir nun aber bekanntes Terrier und biegen ab, fühlt sich der neue Weg erstmal an wie ein Feldweg mit vielen Schlaglöchern. Lassen Sie sich also Zeit und seien Sie geduldig. Sie werden sehen, nach und nach wird auch aus dem Feldweg wieder eine bequem zu befahrene Straße. 

 

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude beim Reflektieren und Ausprobieren. 

 

Ihre

Barbara Ries

 

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Einen wunderbaren Beitrag hat auch Oliver Spies in dem Buch „Wandeln“ zu Glaubenssätzen geschrieben, den ich Ihnen an der Stelle zusätzlich wärmstens empfehlen möchte:

 

Wenn Du denkst, Du denkst

Allzu oft schleiche ich mit Hänschen um die Kirche im Dorf, bleibe bescheiden beim Schuster mit meinen zierlichen Leisten. Ob ich will oder nicht, immer wieder reden mir diese Ein-Satz-Weisheiten ins Leben rein. Manche fielen nicht allzu weit vom Stamm, andere wurden mir aus Glashäusern zugeworfen. Schlimmer (geht immer) noch: Ich rufe sie a) auch in meine Wälder und erzähle b) selbst vom Ponyhof. Mag ja sein, dass es im Alltag hilfreich ist, mit dem frühen Vogel dem Gaul ins Maul zu schauen oder den eigenen Mut mit dem Mist des Kleinviehs zu düngen. Aber vielem, was diese Kurzbotschaften aus der Vergangenheit twittern, möchte ich nicht mehr auf dem Leim gehen! Gerade an Weggabelungen weitet sich selten der Blick durch die Brille. Im Gegenteil: Sie malen schwarz-weiß weiter, was früher schon nicht besser war. Hätten die Alten lieber öfters vor ihren Türen gekehrt und beherzt den Ast abgesägt, auf dem Schweigen Gold ist. Aber, nicht dass sich der Dritte nun freut:

Ich will mich jetzt nicht streiten, sondern mein Glück schmieden. Ich will auf die vielen Glaubenssätze mit kurzen Beinen nicht mehr so schnell reinfallen. Gerade wenn bei Entscheidungen der Zweifel an der Selbsteinschätzung nagt, will ich kein blindes Huhn sein und nachgackern, was mir andere vorgeplappert haben. So wie nicht jeder Deckel passt, macht auch nicht jede Lebensweisheit die Musik!

 

Na, wie viele Glaubenssätze haben Sie darin entdeckt?

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Comments: 1
  • #1

    Markus (Friday, 21 April 2023 13:41)

    Liebe Barbara,
    Sehr gelungene Betrachtung des Themas und gute Idee, die Umwidmung dieser Glaubenssätze anzugehen und auszuprobieren.
    Ich bin dabei.
    Beste Grüße
    Markus